Draghi oder draußen
Die Bankenkrise in Spanien stellt einen deutlich größeren Gefahrenherd dar, als die Probleme in Griechenland, die seit Monaten die Märkte in Atem halten. Zuletzt wurde ein deutlich beschleunigter Abfluss der Einlagen beobachtet, der dazu geführt hat, dass das Land nur noch 20-30 Milliarden Euro von einem völligen Zusammenbruch des Bankensystems entfernt ist, wenn EZB-Präsident Draghi nicht eingreift.
Alle erwarten, dass er es am Ende tun wird, nachdem ja sogar die Bundeskanzlerin laut darüber nachenkt, dass Tabus jetzt nicht mehr angebracht seien und man flexibler mit dem Handling der Krise werden müsse.
Im April gingen die privaten Einlagen bei Spaniens Banken laut der EZB um 31,5 Mrd. Euro auf ein 41-Monatstief bei 1.620 Milliarden zurück. Seit dem Juni 2011 sind sie 117 Mrd. – 6,7% – geschwunden (siehe GRAFIK). Die Rendite der 10jährigen Staatsanleihe schoss in dieser Woche auf 6,7% nach oben, was eine Rettung der Spanier aus eigener Kraft – ohne die Hilfe der EZB oder des ESM – nicht mehr wahrscheinlich aussehen lässt.
Einen möglichen Höhepunkt stellt in dieser Woche die Ankündigung von Notenbank-Gouverneur Miguel Fernández Ordóñez dar, er werde sich von seinem Posten schon am 10. Juni frühzeitig verabschieden.
Laut Reuters haben die griechischen Banken bereits 73,4 Mrd. Euro von der EZB und 54 Mrd. von der griechischen Notenbank ausgeliehen (bis Ende Januar). Das entspricht 77% aller Einlagen von Firmen und privaten Haushalten im Bankensystem in Höhe von insgesamt 165 Mrd. Euro bis Ende März. Die zuletzt beschleunigte Abhebung der Griechen bei ihren Banken löste auch eine 18-Mrd.-Euro-Notausleihung aus dem “Emergency Fund” aus.
Nächste Haltestelle. EZB, oder adé.
Allerbesten Dank für diese schonungslose Analyse an unseren geschätzten Kollegen Markus Gärtner in Vancouver.
Der Besuch seiner Seite ist immer wieder lohnenswert und erkenntnisreich.
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