Widerstand gegen das Sparen: Regionen wollen gegen Madrid vor Gericht ziehen
Der Haushaltsentwurf der spanischen Regierung stößt immer stärker auf Kritik aus verschiedenen Regionen. Diese wollen entweder die Steuer-Amnestie nicht mittragen oder teilweise sogar vor Gericht ziehen.
Deutsche Mittelstands Nachrichten | Veröffentlicht: 05.04.12, 16:08
dazu eine kritische Bestandsaufnahme bei "uhupardo"
Auszug:
[...]
grober Überblick über den Schrecken für die Bevölkerung
Eingespart werden insgesamt 27,3 Milliarden Euro. Das ist ein ungeheurer Betrag – und immer noch etwas weniger als Spanien 2012 für Schuldenbedienung aufbringen muss (28,876 Milliarden). Die Streichliste beinhaltet fast alle Bereiche, auch wenn es drei nennenswerte Ausnahmen gibt: Innere Sicherheit und Justiz müssen kaum Kürzungen hinnehmen – Rajoy weiss, was ihm ins Haus steht – und das Konzept Sport aus der Kategorie “panem et circensis” erhält sogar 13,6 Prozent mehr Mittel als im vergangenen Haushalt.
Dagegen werden andere Bereiche praktisch temporär abgeschafft. Man kann das nicht als “Kürzungen” bezeichnen, weil die einzelnen Posten nicht nur keine neuen Projekte zulassen sondern auch nicht mehr halbwegs dazu geeignet sind, die bisherige Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Das gilt für Stipendien (-166 Mio. Euro) ebenso wie für den Erziehungs- und Bildungshaushalt: -623 Mio., also -21,9 Prozent. Vergangene Woche hatte die Rajoy-Regierung noch versichert, die Stipendien würden nicht angetastet. Wissenschaft und Forschung haben sich auch erledigt, um “die Märkte zu beruhigen”: -627 Mio. oder -34 Prozent.
Im Kampf gegen häusliche Gewalt gibt es 21,6% weniger Geld, für die spanischen Filmemacher fällt mehr als jeder dritte Euro weg. Das Ministerium für Agrar, Lebensmittel und Umwelt – eine an sich schon etwas kuriose Konstellation – kann auch ein Drittel seines Etats abschreiben.
Apropos kurios: Wenn man bei knapp fünf Millionen Arbeitslosen im Haushalt für Arbeitsförderungsmassnahmen satte 1,5 Milliarden streicht, bedarf das vermutlich näherer Erklärung oder folgt einer schwer nachvollziehbaren Logik.
Bestandsaufnahme bei "uhupardo"
Die Rotstift-Details
Proyecto de Presupuestos Generales del Estado 2012
**
Spaniens Todesspirale und die Heuchelei der Eurorettung
Jeder, der denkt, dass die Schuldenkrise in der Eurozone ausgestanden ist, sollte mal einen Blick auf die Geschehnisse in Spanien werfen. 2011 hatte Italien die unrühmliche Rolle, die größte Gefahr für den Euro darzustellen. 2012 wird Spanien die Schlagzeilen beherrschen, wie kein anderes Land.
[...]
Spaniens Unfähigkeit, seine Währung abzuwerten oder Kontrolle über seine eigene Geldpolitik auszuübebn, wird dem Land eine echte Reduktion der Löhne und Kosten aufbürden, um die Wettbewerbsfähigkeit wieder zu erlangen.
[...]
Aber auch wenn Spanien nie ein Problem mit seiner Zahlungsfähigkeit haben wird, ist doch das Schicksal des Landes ein Armutszeugnis für Europas Experiment mit einer gemeinsamen Währung. Die dramatischen wirtschaftlichen Folgen der Währungsunion sind jetzt nach nur gerade mal 10 Jahren deutlich erkennbar. Und noch immer vertreten viele gutgläubige Europäer eisern die Meinung, dass es beim Euro doch gar nicht um die Wirtschaft gehe, sondern dass dieses Experiment vielmehr "Frieden und Demokratie" in Europa vermitteln soll.
Die Antwort darauf ist schockierend einfach: Der Euro versagt doppelt! Einerseits hat es die Währungsunion nicht geschafft, die wirtschaftliche Schlagkraft Europas zu stärken, so dass wir etwa mit den USA oder den aufstrebenden Schwellenländern konkurrieren könnnten, wir hinken nur müde hinterher und müssen die Chinesen um Geld anbetteln.
Und wo ist die angebliche Vermittlung von Frieden und Demokratie in Europa? Was wir heute erleben müssen ist ein zunehmend undemokratisches Europa. Um seine Gemeinschaftswährung zu erhalten, werden irrationale Schritte durch anmaßende Nachbarn verlangt. Gewählte Regierungen werden abgesetzt und durch nicht gewählte Technokraten ersetzt.
Das ist eine Art von "Frieden und Demokratie" auf die wir gerne verzichten können.
meint
Roger | April 5, 2012 3:48 PM CEST