Am Nasenring des Spread
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Das englische Wort „Spread“ (Spannweite) ist zum festen Bestandteil der neu-italienischen Sprache geworden. Es bedeutet die Differenz zwischen den (hohen) Zinsen, die der hoch verschuldete italienische Staat zahlen muss, um Abnehmer für seine Staatsanleihen zu finden, und den (niedrigen) Zinsen, die dafür der deutsche Staat bieten kann (und die als ständige Vergleichsmarke dienen). Liegt zur Zeit der Spread für 10-jährige italienische Staatsanleihen bei über 480 Basispunkten, so heißt das, dass der italienische Staat für seine Anleihen nur noch Abnehmer findet, wenn deren Zinsen im Vergleich zu deutschen Staatsanleihen einen Risikoaufschlag von über 4,8 % enthalten. Der Spread ist zweierlei: Erstens ein Indikator für das geringere Vertrauen, welches die Finanzmärkte (samt Rating-Agenturen und Spekulanten) in italienische Staatsanleihen setzen. Zweitens ein zusätzlicher Schuldenmacher, weil er die Summe, die der italienische Staat für seinen jährlichen Schuldenzinsen aufzubringen hat, um viele Milliarden in die Höhe treibt (2012 voraussichtlich um über 80 Mrd.). Gerät der Spread außer Kontrolle, versinkt der Staatshaushalt trotz aller Sparanstrengungen allein durch den Schuldendienst in eine Falle, aus der er nicht mehr herauskommt. Als Grenze des „Umkippens“ gilt ein Spread von 600 Punkten.
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aussorgeumitalien - Artikel von Hartwig Heine - Freitag, den 20. 07. 2012