Wahlkampf-Populismus
Sarkozy fordert weniger Ausländer in Frankreich
Frankreichs Präsident Sarkozy wirkt im Wahlkampf zunehmend verzweifelt - und setzt auf populistische Töne. Im Fall seiner Wiederwahl will er, selbst Sohn eines Ungarn und mit einer gebürtigen Italienerin verheiratet, die Zahl von neuen Immigranten fast halbieren.
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Der in Umfragen weiter hinter seinem sozialistischen Herausforderer François Hollande liegende konservative Präsident relativierte sein Popularitätstief, bedauerte frühere öffentliche Imagefehler und machte sich in einem anschließenden Streitgespräch mit dem einstigen sozialistischen Premierminister Laurent Fabius über seinen politischen Gegner lustig. Hollande sei ein netter Mensch ohne jegliche Regierungsverantwortung, der es allen recht machen und nicht nein sagen könne, meinte Sarkozy. Fabius forderte einen anderen Regierungsstil, der die Werte der Republik stärker betone und hielt Sarkozy ein Scheitern seiner Politik vor.
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http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,819787,00.html
Im Angesicht einer drohenden Wahlniederlage mag der Blick durch den Trauerflor der Synapsen unseres Wahlgalliers etwas getrübt sein.
So vergisst er bei seinen populistischen Parolen, dass sich speziell bei den Migranten aus den französisch-sprachigen Maghreb-Staaten Nord- oder Zentralafrikas, oder auch aus Teilen Südamerikas [also den ehemaligen Kolonialgebieten] ein durchaus nachvollziehbares Anspruchsdenken resultierend aus gelebten Integrationserfahrungen entwickelt haben könnte.
Während der Amtszeit des Monsieur le Président sind die Zahlen der Immigranten von ursprünglich ca 80,000 auf 180,000 Menschen pro Jahr angewachsen.
Seine zwei Monate vor den Neuwahlen gezückte "rote Karte" ist daher unglaubwürdig.
Neben dieser Zuwanderungsdebatte hat Sarkozy natürlich noch weitere, weitestgehend hausgemachte Baustellen, wie etwa die um 11% höheren Lohnstückkosten im Vergleich zu Deutschland, was dem Vernehmen nach sein Interesse nach einer Blaupause zu Schröder's Agenda 2010 geweckt haben soll.
Gleichzeitig wird er mit den Folgen einer sich beschleunigenden Rezession, also steigenden Arbeitslosenzahlen im Einklang mit wachsenden Sozialleistungen konfrontiert, die dem französischen Wähler und Steuerzahler wohl nicht mehr lange zugemutet werden kann.
Daneben werden im Wahlkampf zunehmend weitere, dem Präsidenten zugeschriebene Mißstände thematisiert, etwa die von ihm veranlasste Erhöhung der Mehrwertsteuer, die rasant steigende Verschuldung des Landes oder etwa die Beibehaltung der 35-Stunden-Woche, die der Arbeitgeberverband (MEDEF) zwar regelmäßig rügt, aber gleichzeitig auf die damit verbundenen Steuererleichterungen (weniger Sozialabgaben) nicht verzichten mag
[ http://www.lexpress.fr/actualites/2/le-m...ges_950159.html ].
Aussagen seiner Wettbewerber, wie etwa "Sarkozy sei eine Mogelpackung" dürften so manchen französischen Wähler zum Nachdenken veranlassen.